Ist der Gegenvorschlag des Stadtrates rechtlich zulässig?

Das Initiativkomitee bezweifelt, ob der Gegenvorschlag des Stadtrats zur Güterbahnhof-Initiative rechtlich zulässig ist. Ein Gegenvorschlag muss sich gemäss kantonalem Gesetz auf den Inhalt der Initiative beziehen. Dies ist hier nicht der Fall.

Vor einem halben Jahr hat das Komitee die Initiative eingereicht, die sich klar gegen einen Autobahnanschluss auf dem Areal Güterbahnhof ausspricht. Die notwendigen 1’000 Unterschriften waren in Rekordzeit gesammelt. Der Initiativtext und somit die Forderung der Initianten ist kurz und klar formuliert:

„Die Stadt setzt sich für einen Verzicht auf einen Autobahnanschluss im Areal Güterbahnhof ein.“

Dieser Satz soll als neuer Artikel 3ter in die Gemeindeordnung aufgenommen werden.

Nun unterbreitet der Stadtrat dem Parlament einen Gegenvorschlag, der das Kernanliegen der Initianten nur sehr marginal aufnimmt. Der Stadtrat will ebenfalls die Gemeindeordnung ergänzen. Da hören die Gemeinsamkeiten von Initiativtext und Gegenvorschlag jedoch schon fast wieder auf. Der stadträtliche Vorschlag für den Art. 3ter im Wortlaut:

„Die Stadt fordert die nachhaltige Verkehrsentwicklung und schützt die Bevölkerung vor den negativen Auswirkungen des Verkehrs. Sie setzt sich bei Ausbauten von Hochleistungsstrassen und deren Anschlussbauwerken für Lösungen ein, die nach Möglichkeit nicht zu einem zusätzlichen Wachstum des motorisierten Individualverkehrs führen und stadtverträglich ausgestaltet sind.“

Bevor sich das Parlament und später das Volk inhaltlich mit diesem Text befasst und darüber befindet, muss geklärt werden, ob diese Formulierung rechtlich überhaupt zulässig ist. Im Art. 49 Abs. 3 des kantonalen Gesetzes über Referendum und Initiative wird Form und Inhalt eines Gegenvorschlages geregelt.

„Der Gegenvorschlag muss sich auf den Gegenstand des Initiativbegehrens beziehen. Er kann unter Wahrung des Grundgedankens des Begehrens eine selbständige Lösung treffen.“

 Dieser Gesetzesartikel zeigt klar auf, dass ein Gegenvorschlag nicht einfach irgendwelche Anliegen aufnehmen kann. Im vorliegenden Fall bezieht sich der Gegenvorschlag nicht auf den Gegenstand der Initiative. Vielmehr macht der Stadtrat eine allgemeine Aussage zur Verkehrspolitik (die übrigen bereits so vom Volk beschlossen wurde und im Verkehrsreglement verankert ist) und im zweiten Teil eine Aussage zu allen Hochleistungsstrassen und deren Anschlussbauwerken. Die Initiative macht jedoch eine klare Aussage zu einem sehr genau lokalisierbaren Anliegen.

Auch stellt sich für die Initianten die Frage, wie die Bürgerinnen und Bürger bei der Abstimmung, namentlich bei der Beantwortung der Stichfrage einen Entscheid fällen können, wenn die beiden Vorschläge keinen eigentlichen Zusammenhang haben. Auch aus diesem Grund schreibt der Gesetzgeber vor, dass sich der Gegenvorschlag auf das Initiativbegehren beziehen muss.

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