Verlängerte Ladenöffnungszeiten im Gegenwind: In Bern und Zug sagen die Stimmberechtigten Nein

Die Stimmberechtigten in den Kantonen Zug und Bern haben am vergangenen Abstimmungssonntag wenig überraschend deutlich Nein zu ausgeweiteten Ladenöffnungszeiten gesagt. Im Kanton und der Stadt St.Gallen möchte eine bürgerliche Mehrheit weiterhin verlängerte Arbeitszeiten im Verkauf durchboxen. Notabene gegen den Widerstand des Gewerbes und Arbeitnehmer*innenvertretungen.

Von Marco Dal Molin

Im Schatten der nationalen Abstimmungen befanden die Stimmberechtigten in zwei Kantonen über verlängerte Arbeitszeiten im Verkauf und lieferten damit einen Testlauf für St.Gallen. Im Kanton Bern sagten 54 Prozent Nein zu zusätzlichen Sonntagsverkäufen. Im Kanton Zug stimmten gar nur 35 Prozent für eine Gesetzesinitiative, welche eine Verlängerung der Ladenöffnungszeiten an Werktagen bis 20 Uhr und bis 18 Uhr an Samstagen forderte. Wie in St.Gallen, forderte auch hier ein bürgerliches Komitee aus FDP, SVP und GLP «zeitgemässen Rahmenbedingungen».

Forderung am Volkswillen vorbei

Die Abstimmungen in Bern und Zug weisen im Hinblick auf die St.Galler Debatte um die Ladenöffnungszeiten auf eines hin: Die Forderung ist derzeit vor dem Volk schlicht nicht mehrheitsfähig. Das Argument, wonach die Ausweitung der Geschäftszeiten für kleine Betriebe und Arbeitnehmer*innen im Verkauf einzig Nachteile mit sich bringt, scheint bei der Stimmbevölkerung zu überzeugen.

Dass auch das Gewerbe ganz und gar nicht geschlossen hinter den Liberalisierungsversuchen steht, zeigte die jüngste Episode im Kantonsrat: Zum offensichtlichen Erstaunen der FDP sagte der bürgerliche Gewerbeverband auf kantonaler Ebene nein zur vollständigen Liberalisierung. Im Komitee der städtischen Initiative «Kein Sonntagsverkauf in der Stadt St.Gallen» sind ebenfalls verschiedene Gewerbebetriebe und Ladenlokale vertreten. Für sie bedeuten verlängerte Ladenöffnungszeiten nur höhere Personalkosten bei gleichbleibendem Umsatz. Was für die grossen Ladenketten «zeitgemässe Rahmenbedingungen» sind, ist für viele andere einzig eine unnötige Zusatzbelastung. Die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten ist somit Politik für die Grossen mit Rezepten von Vorgestern, während die Kleinen in die Röhre schauen. Statt endlich bei den horrenden Mieten für Gewerbeflächen anzusetzen, hoffen sie, dass die Kundschaft ihr Geld über eine längere Zeit am besten gleich mehrfach ausgibt. Für die Angestellten heissen ausgeweitete Ladenöffnungszeiten indes weniger Freizeit bei gleichbleibend schlechtem Lohn.

Keine unnötige Volksabstimmung

In der Stadt St.Gallen liegt die Initiative «Kein Sonntagsverkauf in der Stadt St.Gallen» derzeit beim Stadtrat. Sie sieht vor, das eigenmächtig vom Stadtrat beschlossene Ausweitung der Ladenöffnungszeiten in der Innenstadt rückgängig zu machen. Seit dem 1. Juni 2020 dürften Geschäfte dort werktags bis 20 Uhr und am Sonntag von 10 bis 17 Uhr geöffnet haben. Dazu soll der Artikel 2 des Reglements über Ruhetag und Ladenöffnung ersatzlos gestrichen werden.

Angesichts der deutlichen Signale aus Bern und Zug sowie der in der Vergangenheit mehrfachen geäusserten Ablehnung gegenüber ausgeweiterten Arbeitszeiten im Verkauf an der Urne ist für die SP klar: Das Stadtparlament hat es in der Hand, das Geschäft nicht auf die lange Bank zu schieben und eine unnötige Volksabstimmung zu vermeiden. Findet diese dennoch statt, zeigt sich die SP zuversichtlich, dass die Stimmberechtigten die Nachteile verlängerter Arbeitszeiten im Verkauf einsehen und eine Liberalisierung wie in Bern und Zug verwerfen.

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